Wir haben dies bei der ESTV angefragt und eine ausführliche Antwort erhalten (siehe weiter unten).
Wir fassen die Antwort der ESTV in unseren Worten wie folgt zusammen:
- Der/Die Unternehmer:in steht in Eigenverantwortung für die MwSt. Anmeldung
- Steuerpflicht gilt nur für ganze Jahre
- Wird man im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit steuerpflichtig (aufgrund falscher Umsatzprognose) und war noch nicht angemeldet, dann wird die Steuer rückwirkend fällig (fürs ganze Jahr).
- Wird man überraschend steuerpflichtig aufgrund eines unerwarteten Grossauftrags z.B., dann nicht rückwirkend. Angemeldet werden muss dann fürs Folgejahr
- Wird man nicht im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit steuerpflichtig, dann muss MwSt. fürs Folgejahr angemeldet werden.
Hier die ausführliche Antwort zum Nachlesen:
Steuerpflicht:
Gemäss Art. 10 Abs. 1 MWSTG ist steuerpflichtig, wer ein Unternehmen betreibt und mit diesem Unternehmen entweder Leistungen im Inland erbringt oder Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte im Inland hat. Ein Unternehmen betreibt, wer, unabhängig von der Höhe des Zuflusses von Nichtentgelten, eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt (s. dazu auch Ziff. 1 ff. der MI 02).
Gemäss Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWSTG ist von der Steuerpflicht befreit, wer weltweit innerhalb eines Jahres weniger als CHF 100'000 Umsatz aus Leistungen erzielt, die nicht nach Art. 21 Abs. 2 MWSTG von der Steuer ausgenommen sind. Für die Beurteilung der für die Steuerpflicht massgebenden weltweiten Jahresumsatzgrenze sind folglich alle Mittelzuflüsse weltweit zu berücksichtigen, welche steuerbar sind. Mittelzuflüsse, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen von der Inlandsteuer ausgenommen oder als sog. Nicht-Entgelte zu beurteilen sind, sind hingegen nicht zu berücksichtigen.
Beginn der Steuerpflicht:
Unternehmen, die ihre Tätigkeit neu aufnehmen oder die ihre Geschäftstätigkeit durch Geschäftsübernahme oder Eröffnung eines neuen Betriebszweiges ausweiten, werden mit der Aufnahme dieser Tätigkeit oder mit der Geschäftserweiterung obligatorisch steuerpflichtig, wenn zu diesem Zeitpunkt nach den Umständen anzunehmen ist, dass die massgebende Umsatzgrenze innerhalb der folgenden zwölf Monate erreicht wird (Art. 14 Abs. 3 MWSTG; Art. 9 Abs. 1 MWSTV).
Kann bei Beginn oder Erweiterung der Geschäftstätigkeit noch nicht bestimmt werden, ob die massgebende Umsatzgrenze erreicht wird, ist spätestens nach drei Monaten eine erneute Beurteilung vorzunehmen (Art. 9 Abs. 1 MWSTV), wobei die vereinbarten Entgelte aus den ersten drei Monaten auf ein ganzes Jahr (12 Monate) umzurechnen sind. Ist aufgrund der erneuten Beurteilung anzunehmen, dass die Umsatzgrenze erreicht werden wird, endet die Befreiung von der Steuerpflicht. Die neu steuerpflichtige Person kann dabei wählen, ob sie rückwirkend mit der Aufnahme bzw. der Erweiterung der Geschäftstätigkeit oder auf den Zeitpunkt der erneuten Beurteilung, spätestens aber mit Beginn des vierten Monats steuerpflichtig werden will.
Ist aufgrund der erneuten Beurteilung nach drei Monaten nicht davon auszugehen, dass die für die obligatorische Steuerpflicht massgebende weltweite Jahresumsatzgrenze erreicht oder überschritten wird, so bleibt das Unternehmen von der Steuerpflicht befreit.
Bestehende, bisher von der Steuerpflicht befreite Unternehmen werden nach Ablauf des Geschäftsjahres, in welchem die massgebende Umsatzgrenze erreicht wird, obligatorisch steuerpflichtig (Art. 14 Abs. 3 MWSTG). Wurde die für die Steuerpflicht massgebende Tätigkeit nicht während eines ganzen Jahres ausgeübt (wie vorliegend der Fall), ist der Umsatz auf ein volles Jahr umzurechnen (Art. 9 Abs. 3 MWSTV, s. dazu Ziff. 5.2.1.2 der MI 02).
Weitere Informationen zur Steuerpflicht finden Sie in der gleichnamigen MI 02.
Steuerbarkeit der Leistungen:
Nach Art. 18 Abs. 1 MWSTG unterliegen die im Inland durch steuerpflichtige Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen der Inlandsteuer. Leistungen sind steuerbar, soweit das MWSTG keine Ausnahme (Art. 21 MWSTG) vorsieht.
Ueberwälzung der Steuer:
Auf im Inland von steuerpflichtigen Personen gegen Entgelt erbrachte Leistungen wird die Mehrwertsteuer erhoben (Art. 1 Abs. 2 Bst. a MWSTG). Die Erhebung erfolgt nach den Grundsätzen der Ueberwälzbarkeit (Art. 1 Abs. 3 Bst. c MWSTG). Ab dem Zeitpunkt, ab welchem ein Unternehmen im MWST-Register bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen ist und steuerbare Leistungen erbringt, ist es berechtigt, die MWST zwecks Überwälzung in seinen Rechnungen offen gegenüber seinen Kunden auszuweisen. Von diesem Recht kann es auch nachträglich Gebrauch machen und die MWST für innerhalb der letzten fünf Jahre (= mehrwertsteuerrechtliche Verjährungsfrist) erbrachte Leistungen rückwirkend in Rechnung stellen. Der Leistungsempfänger kann jedoch von einem steuerpflichtigen Unternehmen jederzeit eine mehrwertsteuerkonforme Rechnung verlangen (s. dazu Art. 26 Abs. 1 MWSTG).
Rückwirkende Eintragung ins MWST-Register:
Wird ein Unternehmen rückwirkend eingetragen, weil seine obligatorische Steuerpflicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hat, schuldet es der ESTV die MWST auf den in der Vergangenheit im Inland erbrachten steuerbaren Leistungen. Es hat also seine Umsätze aus Leistungen, welches es im Inland erbracht hat, mit der ESTV abzurechnen.
Im Rahmen von Vertragsschlüssen auf der Grundlage von Offerten/Preisangaben bildet die Mehrwertsteuer Gegenstand der Preisvereinbarung. Das Mehrwertsteuerrecht enthält jedoch keine Bestimmungen darüber, ob sich ein unter den Geschäftspartnern vereinbarter Preis als inklusive oder exklusive MWST versteht. Bei der Vereinbarung von Preisen und bei der Überwälzung der MWST handelt es sich deshalb nicht um öffentlich-rechtliche, sondern um privatrechtliche Angelegenheiten. Im Streitfall ist daher nicht die ESTV, sondern das entsprechende Zivilgericht zuständig (Art. 6 MWSTG).
Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger:
Grundsätzlich ist der steuerpflichtige Leistungsempfänger gemäss Art. 28 Abs. 1 MWSTG, unter Vorbehalt von Art. 29 und 33 MWSTG, im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit berechtigt, die ihm (allenfalls rückwirkend) in Rechnung gestellte Inlandsteuer als Vorsteuern abzuziehen.
Daraus folgt, dass ein Unternehmen, bei welchem die Steuerpflicht nachträglich eintritt, seine bereits erbrachten (steuerbaren) Leistungen gegenüber der ESTV abzurechnen hat. Geschuldet ist die MWST vom Entgelt, was der steuerpflichtige Leistungsempfänger für seine Leistung vereinnahmt hat. Ob es dies auf dem bereits vereinnahmten Entgelt für die fraglichen Leistungen tut oder den Leistungsempfängern mittels einer korrigierten Rechnung die Steuer nachfakturiert und gegenüber der ESTV abrechnet, ist dabei unerheblich.
Wir hoffen, dass euch diese Angaben hilfreich sind.